{"id":7949,"date":"2022-12-30T15:45:36","date_gmt":"2022-12-30T15:45:36","guid":{"rendered":"https:\/\/fotoreiseblog.highlighttours.de\/?p=7949"},"modified":"2024-07-20T10:20:05","modified_gmt":"2024-07-20T10:20:05","slug":"zu-gast-bei-einer-sardischen-pilzzuechterin","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/fotoreiseblog.highlighttours.de\/zu-gast-bei-einer-sardischen-pilzzuechterin\/","title":{"rendered":"Zu Gast bei einer sardischen Pilzz\u00fcchterin"},"content":{"rendered":"\n

Gelegentlich gibt es im Winterhalbjahr in Cuglieri im Gem\u00fcsel\u00e4dchen Cardoncelli<\/em> \u2013 das sind extrem leckere (nicht gerade preiswerte) Pilze. Eine Art, die ich aus Norddeutschland nicht kannte, sondern erst in den letzten Jahren auf Sardinien kennen und sch\u00e4tzen gelernt habe. Sie k\u00f6nnen es mit ihrem intensiven Aroma und dem festen Fleisch locker mit Steinpilzen aufnehmen, sind aber geschmacklich nicht das Gleiche, sondern eine Nummer f\u00fcr sich. Einfach nur gut!<\/p>\n\n\n

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Cardoncelli – so sehen sie aus<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n

Wo kommen diese speziellen Kostbarkeiten her? Dar\u00fcber hatte ich mir in den zur\u00fcckliegenden Jahren wenig Gedanken gemacht. Vom kulinarischen Aspekt mal abgesehen, hab ich\u2019s mit Pilzen nicht so. Die einzige n\u00fctzliche Erkenntnis, die ich vor vielen Jahren einmal von einem Pilzlehrgang mitgenommen hatte war, dass ich das Sammeln von Pilzen lieber Menschen \u00fcberlasse, die sich damit besser auskennen.<\/p>\n\n\n\n

Im letzten Fr\u00fchjahr kam ich der Sache etwas n\u00e4her, als ich Francesca Masia kennenlernte. Sie hat sich als landwirtschaftliche Unternehmerin auf die Pilzzucht spezialisiert und bot mir eine F\u00fchrung durch ihren Betrieb an.<\/p>\n\n\n

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Francesca Masia \u2013 landwirtschaftliche Unternehmerin und Pilzexpertin<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n

\u201eAber nicht jetzt\u201c meinte sie lachend, als ich mich sofort verabreden wollte. \u201eIm Fr\u00fchjahr und Sommer habe ich keine Pilze. Du kannst im Oktober oder November vorbeikommen, ich gebe dir Bescheid, wenn sie soweit sind.\u201c OK. Von Supermarkt-Zucht-Champignons kannte ich ganzj\u00e4hrige Verf\u00fcgbarkeit. Dieser Pilz ist anders, richtet sich noch nach einem jahreszeitlichen Rhythmus \u2013 wie sympathisch.<\/p>\n\n\n\n

In der Zwischenzeit recherchierte ich schon mal ein bisschen vorab. Erste Frage: Hat der Cardoncello auch einen deutschen Namen? Wikipedia<\/a> wei\u00df nat\u00fcrlich Bescheid: \u201eDer Braune Kr\u00e4uter-Seitling (Pleurotus eryngii<\/em>) ist eine Pilzart aus der Familie der Seitlingsverwandten. … Das Fleisch hat eine steinpilzartige Konsistenz.\u201c Typische Wikipedia-Sachlichkeit, poetischer wird es bei der englischen Wikipedia-Version, wo ich erfahre, dass der Pilz auch \u201eKing Trumpet<\/em>\u201c oder \u201eAuster-King<\/em>\u201c genannt wird. Also der K\u00f6nig unter den Pilzen. Das gef\u00e4llt mir schon besser. Es passt zu meinem Geschmackserlebnis. Im wissenschaftlichen Namen Pleurotus eryngii<\/em> stecken das griechische pleuron<\/em> (seitlich) und otos<\/em> (Ohr), was auf die knubbelige Wuchsform des Randes \u00e4hnlich einer Ohrmuschel Bezug nimmt.<\/p>\n\n\n

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Der wissenschaftliche Name Pleurotus eryngii<\/em> bezieht sich auf die Form des Randes<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n

Wild gedeiht der Pilz auf abgestorbenen Wurzeln einiger Doldenbl\u00fctler, insbesondere der Ferula (Rutenkraut, eine Art wilder Riesenfenchel) und einigen Kardengew\u00e4chsen der Gattung Eryngium. Hiervon leitet sich der zweite Teil des wissenschaftlichen Namens ab. Die Sammelzeit der Wildform geht vom Herbst bis ins Fr\u00fchjahr, wobei etwas K\u00e4lte eher toleriert wird, als ansteigende Temperaturen. (Wenn dir „Kardengew\u00e4chse der Gattung Eryngium“ erstmal gar nichts sagt, stell dir eine Stranddistel vor, die geh\u00f6rt zum Beispiel in diese Gattung)<\/p>\n\n\n\n

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Links der Eingang zur Azienda Agricola, rechts das gro\u00dfe „Tunnelzelt“ f\u00fcr die Pilze<\/figcaption><\/figure>\n\n\n\n

Im Dezember 2022 ist es dann soweit. Mein Telefon meldet eine Nachricht. „Kannst du kommen? Es gibt Pilze.“ Ich hatte eine vage Vorstellung von einer Art Pilzkeller, wie es sie in Deutschland gibt, im Kopf. Das war nun aber ganz falsch. Die Azienda Agricola Francesca Masia<\/em> liegt circa zwei Kilometer unterhalb von Cuglieri auf einem St\u00fcck Land mit weitem Blick auf das Meer. Francesca f\u00fchrt mich in ein hohes, diffus lichtdurchflutetes Tunnelzelt – eine sch\u00fctzende Halle f\u00fcr die Pilze.<\/p>\n\n\n\n

Sie ist eine selbstbewusste Frau und Unternehmerin mit Herz und Seele. \u201eVon klein auf hatte ich immer eine Leidenschaft f\u00fcr Natur und Landwirtschaft, das hat sich ganz selbstverst\u00e4ndlich aus den Wertvorstellungen, die mir meine Eltern und Gro\u00dfeltern vermittelt haben entwickelt. Ich habe das Gl\u00fcck, einen Ehemann und Kinder zu haben, die meine Begeisterung teilen. Ihnen habe ich es zu verdanken, dass es mir gelungen ist, meinen kleinen Betrieb hier in Cuglieri, auf der Gemarkung Marianna Osa, zu realisieren.\u201c<\/p>\n\n\n

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Francesca bei der Ernte in ihrer Pilzhalle<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n

Sie erkl\u00e4rt mir \u201edie Cardoncelli wachsen bei 20-22 Grad Celsius, also im Winterhalbjahr.\u201c So warm ist es drau\u00dfen an der frischen Luft nat\u00fcrlich auch auf Sardinien im Winter nicht immer. Aber unter dem Schutz des Tunnel-Zeltes h\u00e4lt sich die W\u00e4rme. Die Luft heizt sich innen sogar auf. Die ersten Fotos kann ich gleich wieder l\u00f6schen, weil durch die Luftfeuchtigkeit die Frontlinse meines Objektivs zu Beginn immer wieder beschl\u00e4gt.<\/p>\n\n\n\n

Das Mycel-Substrat kommt in l\u00e4nglichen, quaderf\u00f6rmigen Ballen aus Sindia, von einem Lieferanten der wiederum Kontakte nach Apulien hat. Auf die Oberfl\u00e4che der fast wei\u00dfen Ballen sch\u00fcttet Francesca eine d\u00fcnne Schicht siebfeiner Komposterde. \u201eDie darf man nicht fest gie\u00dfen\u201c sagt sie und geht nur behutsam mit einer feinen Spr\u00fchnebeldusche \u00fcber die Anzuchtballen. Bis sich die ersten Pilzk\u00f6pfchen zeigen, dauert es, je nach aktueller Au\u00dfentemperatur circa zwei Wochen. Danach entwickelt sich der Winzpilz rasant in nur wenigen Tagen zum ausgewachsenen Cardoncello. Dort wo die klitzekleinen Pilze „zu F\u00fc\u00dfen“ der gr\u00f6\u00dferen, fast ausgewachsenen Exemplare herumstehen, sieht es wie bei einer Pilzfamilie aus. Diese Familienaufstellungen versuche ich mit dem 180er Makro einzufangen. Viel oder wenig Sch\u00e4rfentiefe? Ich nehme zuerst einmal eine Blendereihe auf und verschiebe die Entscheidung auf sp\u00e4ter.<\/p>\n\n\n

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Pilzwinzlinge – gerade aus der Erde hervor geschossen. Hinter ihnen ein ausgewachsener Pilz<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n

Als zweite Bildidee h\u00e4tte ich gerne eine Serie der Pilzentwicklungsstadien vom ruhenden Mycel bis zum ausgewachsenen Pilz zusammengestellt. Francesca zeigt mir die unterschiedlichen Stationen und Arbeitsschritte. Ich wechsle zum 24-105er Objektiv und vertraue darauf, dass der automatische Wei\u00dfabgleich die schr\u00e4ge Farbtemperatur unter der get\u00f6nten Tunnelh\u00fclle schon irgendwie hinbekommen wird. In der linken H\u00e4lfte des unteren Bildes ist das wei\u00dfe unbedeckte Mycel zu sehen. Vorn sch\u00fcttet Francesca gerade die Deckschicht aus feiner Erde auf einen Ballen. In der rechten H\u00e4lfte des Bildes ist der Wuchsfortschritt zu erkennen. Innerhalb kurzer Zeit wird sich auch auf den bizarren wei\u00dfen Sprossen der braune Hut ausgebildet haben.<\/p>\n\n\n\n

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Links: das wei\u00dfe Mycel-Substrat bekommt eine Deckschicht aus feiner Erde. Rechts: ein Teil ist schon mit Erde bedeckt<\/figcaption><\/figure>\n\n\n\n

\u201eErntereif sind sie, wenn der Hut am Rand Zeichnung hat\u201c erfahre ich. Dann beliefert Francesca Restaurants mit diesen feinen Spezialit\u00e4ten. Jetzt habe auch ich Pilz-Analphabetin verstanden, warum es nicht tagt\u00e4glich und nur im Winterhalbjahr Cardoncelli gibt. Ihr Wachstum l\u00e4sst sich nicht auf den Tag genau vorausplanen, die Temperatur im Pilz-Zelt muss stimmen, damit der Pilz loslegt.<\/p>\n\n\n

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Der Hut hat am Rand Zeichnung<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n

Hinter der Pilzzucht-Halle springen Ziegen herum. Francesca produziert und verkauft auch hausgemachte Ziegenmilch-Seife. \u201eMeine Azienda Agricola ist nur ein kleiner Betreib, das unterscheidet mich von Anderen. Meine Produkte sind Nischenprodukte, die Kunden ansprechen, die etwas Besonderes wollen.\u201c Sie nimmt mich mit zu den Ziegen. Vor zwei Tagen hat es Junge gegeben und ich darf die kleinen Zicklein kurz anschauen. \u201eDie bekommen nat\u00fcrlich jetzt die Milch ihrer M\u00fcttern.\u201c Aha, na klar, auch die Herstellung von Ziegenmilch-Seife unterliegt dem Rhythmus der Natur.<\/p>\n\n\n

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Die beiden sind erst zwei Tage alt<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n

\u201eF\u00fcr die Zukunft plane ich auch ein umweltp\u00e4dagogisches Angebot. Ich m\u00f6chte durch den direkten Kontakt Wissen \u00fcber Natur, Harmonie und Gesundheit vermitteln, als Grundlage f\u00fcr einen respektvollen Umgang mit unserer Umwelt.\u201c<\/p>\n\n\n\n

Vielen Dank Francesca f\u00fcr die vielen Informationen und die Fotogelegenheiten!<\/p>\n\n\n\n

Was wird nun in der K\u00fcche aus den kostbaren Pilzen? L\u00e4ngs in feine Streifen geschnitten passen Cardoncelli wunderbar zum Risotto oder als Zutat in einer feinen Sauce zu einem Pasta-Gericht. Bei der Zubereitung verliert der Pilz kaum an Volumen, das Fleisch bleibt fest, die Form kompakt.<\/p>\n\n\n

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Auf dem Weg in die K\u00fcche – Petersilie geh\u00f6rt dazu!<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\n

Mein Lieblingsrezept f\u00fcr ein Pilzgericht das nicht nur lecker schmeckt, sondern auch noch einfach und schnell zubereitet ist findest du unter diesem Link: Pasta Cardoncelli und Pecorino<\/a>. Die Seite \u00f6ffnet auf italienisch, funktioniert aber bis auf einen Lapsus ganz annehmbar mit dem Google-\u00dcbersetzer. F\u00fcr den Fall, dass das bei dir nicht l\u00e4uft, habe ich dir hier die \u00dcbersetzung<\/a> abgelegt. „… und einen Spaten unterr\u00fchren“ – soso Google-\u00dcbersetzer \ud83d\ude42<\/p>\n\n\n\n

Zum Abschluss noch eine kleine Galerie mit meinen Pilzmakros, mit Details, kleinen und gro\u00dfen Exemplaren, als „Pilzfamilienaufstellung“ und ausgewachsenen erntereifen Pilzen. Mein Lieblingsbild ist die kleine Familie in Nummer 10. Was meinst du, welche gefallen dir?<\/p>\n\n\n\n

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\"Cardoncelli-MG_4242-43\" <\/div>
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\"Cardoncelli-MG_4244-46\" <\/div>
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\"Cardoncelli-MG_4600\" <\/div>
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